Welchen Einfluss übt der Büroraum auf den Stress (-abbau) aus?

Diese und ähnliche Fragen stellt sich die Architekturpsychologie. Andere typische Fragestellungen sind etwa, wie uns Architektur im Alltag beeinflusst, welchen Einfluss sie auf unser Sozialverhalten hat, wie sie uns krank macht oder zu Ausgeglichenheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit beiträgt.

Hauptfaktoren
Das Projekt „Office 21“ des Fraunhofer-Instituts hat relevante Umgebungsfaktoren identifiziert, die einen Einfluss auf das menschliche Empfinden und damit zur Entwicklung zukunftssicherer Gebäude- und Raumstrukturen beitragen. Diese „weichen Faktoren“ sind:

  • Proportionen und Raumgeometrien
  • Luft und Geruch
  • Blickbeziehungen
  • Abwechslung und Individualität
  • Corporate Culture
  • Technikintegration
  • Materialität
  • Licht
  • Akustik
  • Sicherheit.

Wohlfühl-Qualität im Büro
Die Architekturpsychologin Rotraut Walden von der Universität Koblenz-Landau untersuchte die Wirkung bestimmter Merkmale auf die Arbeits- und Lernleistung, Wohlbefinden und Zufriedenheit, Umweltkontrolle und Sozialverhalten eines besonders modernen Gebäudes, dem Post-Tower in Bonn.
Untersucht wurde z.B., ob das Gebäude die Kreativität fördert, eine bessere Organisation der Arbeitsabläufe erlaubt, die Zufriedenheit mit der Arbeit erhöht und zu einem guten Betriebsklima und sozialen Miteinander beiträgt. Die Ergebnisse waren überraschend negativ. Unter anderem fehlt es dem Post-Tower an Möglichkeiten für ungestörtes Arbeiten, Privatheit und Abgrenzung, da die Büros alle rundum (nach innen und außen) verglast sind. Die größten Defizite des Gebäudes bestehen zudem in den Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten, der Umweltkontrolle.

Umweltkontrolle
Ist eine Umwelt kontrollierbar, kann sie so verändert werden, dass sie den persönlichen Vorlieben und Bedürfnissen entspricht. Der Mitarbeiter kann etwa die räumliche Distanz zum Gegenüber mitbestimmen, sich bei Bedarf Privatheit verschaffen, seinen Platz mit persönlichen Dingen verschönern und Stressfaktoren wie Lärm, mangelnde Luftqualität und Beleuchtung selbst regulieren. Ein hohes Maß an Mitbestimmung führt zu Gefühlen von Kontrolle und Vorhersehbarkeit. Dies fördert das psychische und körperliche Wohlbefinden, die Konzentration, die Leistungen und das Sozialverhalten.

Office 21 des Fraunhofer-Instituts
Das europaweite Forschungsprojekt „Office 21“ des Fraunhofer-Instituts bestätigt diese Forschungsergebnisse. Auch dort wird aufgezeigt, wie wichtig Umweltkontrolle ist: Je mehr Möglichkeiten die Befragten hatten, ihr Arbeitsumfeld nach ihren Vorstellungen mitzugestalten, desto größer war ihr persönliches Wohlbefinden. Dies wiederrum wirkt sich positiv auf die Produktivität aus. Besonders wichtig war der sogenannte Präsenz-Index, der beschreibt, inwiefern ein Arbeitsplatz so strukturiert ist, dass man zwischen Sichtbarkeit und Rückzug selbständig wählen kann und nicht das Gefühl hat, beobachtet zu werden.

Großraumbüros
In der Vergangenheit versprachen sich viele Firmen eine Reihe von Vorteilen durch Großraumbüros. Diese Erwartungen konnten die Büros aber nicht erfüllen. MitarbeiterInnen erleben vermehrten Stress und schlechtere Beziehungen zu den KollegInnen. Die Arbeitsumgebung im Großraumbüro wird von MitarbeiterInnen ungünstig beurteilt und ihre Arbeitsleistung wird geringer eingeschätzt, was auf einen Mangel an Privatheit und die häufigen Ablenkungen zurück zu führen sein dürfte.

Stressabbau
Besonders wichtig in diesem Zusammenhang ist der Stress und seine Auswirkungen. Stehen wir dauerhaft unter Strom, leidet die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit, wir fühlen uns angespannt und unkonzentriert. Terry Hartig von der Universität von Uppsala haben einen Faktor der beim Stressempfinden eine Rolle spielt untersucht: den Blick aus dem Fenster. In ihrem Experiment zeigte sich, dass Versuchspersonen, die aus dem Fenster auf Bäume blickten, den durch die Aufgabe verursachten Stress schneller abbauen konnten als Probanden, die in einem fensterlosen Raum saßen. Bei diesen brauchte der Stressabbau erheblich mehr Zeit, unter anderem blieb der Blutdruck länger auf einem erhöhten Niveau.

Tipps zur Büroraum Gestaltung
Farblose oder einfarbige Räume sind eher reizarm, blaue und grüne Räume wirken eher beruhigend, rote, orange und gelb getönte Räume haben dagegen ein Erregungsniveau zur Folge. Für Räume, in denen man nicht abgelenkt werden und konzentriert arbeiten möchte, sind deshalb Blau oder Grün die zu empfehlenden Farben. Arbeitsräume, in denen monotone Aufgaben verrichtet werden, können eine buntere Farbgebung haben. Blau fördert die Kreativität, Rot steigert die Aufmerksamkeit für Details.
Jemand der kreativ arbeiten möchte, sollte darauf achten, eine ausreichend große Arbeitsfläche zur Verfügung zu haben. Nur so kann er Material und Gedanken ausbreiten. Will sich jedoch jemand vor allem gut konzentrieren, sollte man möglichst viel Material in Schränken verstauen und für guten Lärmschutz sorgen.

Auch das Fraunhofer-Institut bestätigt: Attraktive Büros haben Mut zu Farbeinsatz und -vielfalt. Sie verwenden „warme“ Farben und Materialien, wie zum Beispiel Holz, Glas und Textilien (und das nicht nur als Bodenbelag sondern auch auf vertikalen Flächen). Sie haben attraktive, funktionale und ergonomisch hochwertige Möblierungen und verzichten auf billig wirkende Kunststoffe.

Lesen Sie auch meinen Artikel: Arbeitsplatzgestaltung für GefühlsarbeiterInnen

Wenn Sie Beratung bei der Büroraumgestaltung nach architekturpsychologischen Kriterien wünschen, nehmen Sie mit mir Kontakt auf.